Buchrezension Bild: vecteezy by MoonStarer, Font: ShellaheraScriptDemo.otf by Ryan Prasetya (DaFont)

Rezension: So, und jetzt kommst du

Bildgewaltige Erzählung aus der ergreifend nüchternen Realität eines Kindes!

Cover Arno Frank: "Und jetzt kommst du" @ Tropen bei Klett-Cotta 2017

Zum Cover kann ich nur sagen, absolut passend für die 80er Jahre. Polaroid, der Inbegriff der fotografischen Freiheit mit der fetten Bauhaus-Schrift passen wie die Faust aufs Auge. Kein Schnick-Schnak, keine Schnörkel, plakativ wie die Zeit damals auch war. Ob es geschmacklich meine Vorstellung trifft sei dahingestellt, es trifft auf jeden Fall den Nerv der Zeit. Ich finde es köstlich hässlich.

In 4 Teilen begleiten wir den Jungen Arno mit seiner Familie auf einer Odysee durch Frankreich und Portugal. In der kindlichen Naivität eines kleinen Jungen erzählt er zunächst von seiner unbeschwerten und verklärten Kindheit, in der in allen Ecken und Winkeln noch die großen Wunder stecken. Er wird von seinem Vater mit Vorstadt-Weisheiten überschüttet, die der arme Junge für bare Münze nimmt. Getrieben von den betrügerischen Machenschaften des Vaters muss die Familie aber plötzlich von einem Ort zum Anderen ziehen, immer auf den Kosten der Kinder. Bis sie zum Schluß wieder da ankommen, wo alles begann. Die anfänglich unerschütterliche Liebe der Eltern bröckelt, genauso wie der Fassade des Felses in der Brandung, der haltgebende Anker für die Kinder. Bis sie sich zum Schluß nur noch verwahrlost und abgestumpft ihrem Schicksal ergeben müssen.

Mit einer bildgewaltigen Kulisse beschreibt Arno Frank in seiner Autofiktion in sehr wortgewandter, pointierter und ironischen Sprache die Geschehnisse in der ergreifenden, sarkastischen Nüchternheit, die aus der Sicht eines Jungen entspringt. Einige Andeutungen bleiben im Raum stehen, da sie aus der Perspektive des Kindes nicht anders wahrgenommen wurden und aus seiner Erzählung heraus nicht erklärt werden können. Ein Junge, der fast bis zum Schluß den Vater auf kindlichen Charme idealisiert. Aus der Angst heraus die Eltern und die Familie zu verlieren, lassen die Kinder die Geschehnisse über sich ergehen und ziehen bedingungslos mit.
Und bis zum Schluß klingt es fast wie eine Hommage an seinen Vater, der niemals die Familie aufgeben wollte. Es gibt keinen Vorwurf, keine Infragestellung, keine Verurteilung.

Einige der Passagen wirken für mich trotz herausragender Erzählung etwas lang und zu viel. Es ist kein „Roadmovie” mit wilder Verfolgungsjagd, sondern bleibt von der Dramaturgie eher flach. Es ist vielmehr die subtile Erdrückung und Machtlosigkeit durch die bedingungslose Liebe der Kinder, die einem beim Lesen immer wieder das Herz zuschnüren lässt.

Der Epilog hat mich selber dann noch mal sehr ergriffen.

Meine Bewertungen
  • Coverbild
  • Buchlayout / Haptik
  • Idee / Plot
  • Handlungsaufbau / Spannungsbogen
  • Szenerie / Setting
  • Emotionen / Protagnoisten
  • Sprache / Schreibstil
4

Kurzfassung

Ein unglaublich toller Schreibstil und eine wahre Begebenheit. Das Buch hat mich gefesselt, gerade aus der naivlichen Perspektive des Kindes heraus. Kein wildes Roadmovie, sondern eine Odysee einer Familie, deren Kinder in der Machtlosigkeit gefangen sind. Empfehlenswert!

Cover Arno Frank: "Und jetzt kommst du" @ Tropen bei Klett-Cotta 2017

Copyright: © 2017 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Umschlaggestaltung: unter Verwendung einer Abbildung von © Julien Magre / Picturetank / Agentur Focus

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» Arno Frank auf Klett-Cotta Verlag


  • Arno Frank (Autor)
  • Erscheinungsdatum: 11. März 2016
  • Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
  • Verlag: Tropen (Klett-Cotta)
  • ISBN: 978-3608503692
  • Genre: Gegenwartsliteratur

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Veröffentlicht von

Nana Shar

Mit etwas über 40 Jahren auf dieser Welt lebe ich mit meiner Familie und einem Hund in Bayern. Am liebsten lese ich im Moment Romantasy, Jugendbücher, Fantasy, Young Adult und New Adult. Mir gefällt vor allem die Mischung aus Spannung und Romantik. » Alle Beiträge von Nana Shar

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