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Rezension: Wenn Du mich sehen könntest

Keine seichte Lovestory, sondern sehr gefühlvoller Liebesroman mit harten Schicksalen

Cover Jessica Winter: "Wenn Du mich sehen könntest" © 2016 Jessica Winter (Selfpublishing)
Cover Jessica Winter: “Wenn Du mich sehen könntest” © 2016 Jessica Winter (Selfpublishing)

Schon vor einiger Zeit habe ich die beiden Bücher “Bis du wieder atmen kannst“ und „Solange Du bleibst“ (Julia und Jeremy 1&2) von dieser Autorin gelesen, da hatte ich noch keine Rezensionen geschrieben. Ich war sehr beeindruckt von diesen sehr emotionalen und tief gehenden Geschichten, die durch die Schicksale der Protagonisten mir echt unter die Haut gegangen sind. „Wenn Du mich sehen könntest“ lag schon eine Weile auf meiner SuB-Liste, und jetzt endlich habe ich es geschafft, dieses kleine Juwel zu lesen.

Coverbild

Das Cover zeigt schon sehr gut diese emotionale Stimmung, die in diesem Buch vorkommt. Das Mädchen hier wirkt nachdenklich, wie es im Wind sich die Haare zerzausen lässt, es den Wind spürt. Trotzdem ist es schlicht, aber es wird deutlich, dass es sich um einen gefühlvollen Liebesroman handelt.

Handlung

Durch eine Support Hotline lernt der 26 jährige Jurastudent Nathan (Nate) die fröhliche Alexandra (Lexi) kennen. Zwischen ihnen entsteht sofort eine besondere Beziehung, die sich über das erste Kennenlernen hinaus in eine tiefe Freundschaft entwickelt. Doch schnell merken beide, dass beide ihre Päckchen zu tragen haben und sich über die Jahre eine harte Mauer um sich herum aufgebaut haben. Und keiner von beiden wollte eigentlich mehr zulassen, dass die Schutzmauern eingebrochen werden. Aber beide lernen sich durch ihre Freundschaft immer besser kennen und verstehen, können sich aber ihre wahren Gefühle nicht eingestehen.

Buchlayout / eBook

Das eBook wurde insgesamt sehr schlicht gehalten. Neben der Kapitelnummer steht noch der Name, in dessen Perspektive das Kapitel gerade geschrieben ist. Die doch recht ansehnliche Seitenzahl von knapp 500 wird in insgesamt 41 Kapitel eingeteilt, was ich recht angenehm fand.

Idee / Plot

Hier haben wir zwei Menschen, die beide an ihrer Vergangenheit und den Begebenheiten sehr stark zu knabbern haben. Gerade weil es klar ist, dass beide sich irgendwie sehr verbunden fühlen und eigentlich zusammen gehören – aber nicht gleich nach den ersten 2 Kapitel schlabbernd übereinander herfallen – gefällt mir dieser Plot ausgesprochen gut. Das Aufarbeiten des eigenen Schicksals, und dass es dazu einfach manchmal Impulse in Form eines anderen Menschen bedarf, der auch ein Schicksal mit sich trägt.

Ich kann mir vorstellen, dass einige, die eine romantische Story lesen wollen, mit dem Buch nicht zurecht kommen, denn alleine Nates Geschichten, was er alles als Feuerwehrmann erlebt, in dieser brutalen Realität, kann einem die Freude auf eine seichte Lovestory schon versalzen.

Emotionen / Protagonisten

Mir haben beide, Nate und Lexi, unheimlich gut gefallen. Auch wenn ich keinen Feuerwehrmann kenne oder jemanden mit dem gleichen Schicksal wie Lexi, kamen bei mir die Gefühle, die Gedanken, Ängste und Schicksale unheimlich gut an.

Nate hat in seiner Karriere als Feuerwehrmann wirklich heftige Sachen erlebt. Den Verlust von Menschen während eines Rettungseinsatzes kann da schon sehr belasten. Vor allem, wenn man eigentlich ja Leben retten möchte. Und wer möchte entscheiden, welches Leben rettenswerter ist? Dazu kommt noch diese offensive Ablehnung des Vaters, die Nate sehr schmerzt.

Lexi ist ein liebenswerter aber auch sympathischer, nerdiger Typ. Aber ich finde sie sehr überlegt und reflektiert sich sehr gut. Das macht sie mir sehr authentisch. Eigentlich denkt man, dass sie ihr Handicap gut im Griff hat, aber um so mehr man im Laufe hinter ihre Fassade eindringt, wird deutlicher, wie sehr die Vergangenheit und ihr Schicksal sie belasten. Aber, manchmal wird sie in ihrer Haltung sehr stur und engstirnig, und verkompliziert am Schluss auch noch mal alles. Da möchte man sie am liebsten heftig schütteln.

Mir hat alleine schon diese Freundschaft zwischen den beiden so gut gefallen, und ich konnte mit beiden super mitfühlen.

Stell meine Achtung zu dir nie wieder infrage. Ich mag jede deiner Persönlichkeiten, Lex, so sehr du mir auch manchmal mit ihnen auf die Eier gehen magst. So schnell wirst du mich nicht los.“

Jessica Winter „Wenn Du mich sehen könntest“, S. 246 (kindle Edition © 2016 Jessica Winter)

Handlungsaufbau / Spannungsbogen

Das Handicap von Lexi wird dem Leser schnell klar, was ich aber gar nicht so schlimm finde. Ich glaube auch nicht, dass die Autorin hier das dem Leser besonders verschleiern und ein großes Geheimnis daraus machen wollte, sondern den Leser als unbekannten Mitwisser schon ins Spiel gebracht hat. Die Handlung lebt von dem Perspektivenwechsel zwischen Lexi und Nate und baut sich dadurch immer weiter aus. Die Szenen im Anwaltsbüro sind hier doch teilweise etwas zu sehr ausgebaut und zieht das Buch etwas in die Länge. Das hätte man etwas kürzen können, und trotzdem dieses Missverhältnis zwischen Nate und Warren gut darstellen zu können.

Um so weiter man aber in dem Buch kommt, um so tiefer wird man auch in die Schicksale beider gezogen und versteht, warum sich beide eine Schutzmauer aufgebaut haben. Und warum es schwer für beide ist, diese Schutzmechanismen zu durchbrechen.

Es geht auch nicht darum, wann die beiden endlich zusammen kommen. Es geht auch um die inneren Dämonen, die beide bekämpfen müssen, um endlich offen für einen neuen Lebensabschnitt zu sein. Und sich auch langsam ihren wahren Gefühlen eingestehen.

Schmunzelnd über ihre Sturheit streichle ich ihr einmal über den Rücken, spüre dabei jeden Nerv meines Körpers vibrieren, was mich zu Tode verängstigt. Körperlich wie seelisch ziehe ich mich von Lexi zurück, wahre sofort wieder Distanz. Von mir aus können wir befreundet sein, ich werde aber nicht zulassen, dass mich noch einmal jemand so aus der Bahn wirft wie Belinda oder meine Mom.“

Jessica Winter „Wenn Du mich sehen könntest“, S. 233 (kindle Edition © 2016 Jessica Winter)

Szenerie / Setting

Ich finde es immer so schade, dass solch tollen Geschichten immer in Amerika spielen müssen. Aber gut, das soll kein Grund einer negativen Bewertung sein. Die Umgebung kommt bei mir trotzdem gut an und ich kann mir alles gut vorstellen. Das amerikanische Setting passt aber schon ganz gut zu dem krassen Machtkampf in der Anwaltskanzlei, in der Nate arbeitet.

Sprache / Schreibstil

Bei der Sprache kann ich nur sagen: WOW! Sie ist frisch, sympathisch und so authentisch. Jessica hat eine wunderbare Art sich metaphernreich und bildlich auszudrücken und Situationen darzustellen. Sie hat eine gute Mischung aus Dialogen und Monologen. Die Geschichte wird in aus den Perspektiven von Lexi und Nate in der Ich-Person erzählt, die sich pro Kapitel abwechseln. Und sprachlich schafft Jessica Winter mich wirklich emotional zu packen, egal ob es die schrecklichen Bilder bei den Rettungseinsätzen, oder bei den psychischen und Zusammenbrüchen der Protas ist. Es hat mich oft erschüttert, aber dann hat mich Jessica wieder mit ihren kleinen wunderbaren Frotzeleien zwischen Nate und Lex herausgeholt. Einfach nur toll!

Meine Bewertungen
  • Cover
  • Buchlayout (eBook)
  • Idee / Plot
  • Handlungsaufbau / Spannungsbogen
  • Szenerie / Setting
  • Emotionen / Protagonisten
  • Sprache / Schreibstil
4.4

Kurzfassung

Sprachlich absolut top und von der Story sehr emotional packend. Eine Liebesgeschichte die einem unter die Haut geht und auch innerlich sehr zum nachdenken bringt. Ein kleines Juwel, was ich gerne weiter empfehle!

Cover Jessica Winter: "Wenn Du mich sehen könntest" © 2016 Jessica Winter (Selfpublishing)

Copyright: © 2016 Jessica Winter
Umschlaggestaltung: Alexa Zwölfer, Schmetterlingsfabrik Unter Verwendung von: © aleshin, © MonoLiza

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  • Jessica Winter (Autor), Alexa Zwölfer (Illustration)
  • Erscheinungsdatum Erstausgabe: 19. Mai 2016
  • Kindle Edition: ca. 502 Seiten
  • Verlag: Veröffentlichung im Selbst-Verlag (CreateSpace Independent Publishing Platform)
  • ASIN: B01FYC3X66
  • Genre: Jugendroman, Liebesroman

» Siehe auch meine Rezension auf lovelybooks.de


Veröffentlicht von

Nana Shar

Mit etwas über 40 Jahren auf dieser Welt lebe ich mit meiner Familie und einem Hund in Bayern. Am liebsten lese ich im Moment Romantasy, Jugendbücher, Fantasy, Young Adult und New Adult. Mir gefällt vor allem die Mischung aus Spannung und Romantik. » Alle Beiträge von Nana Shar

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